Unterwössen

Inklusives „Bistro am Rathaus“ ist ein Plus für alle

von Jutta Baltes

Ein Inklusionsprojekt wie das „Bistro am Rathaus“ in Unterwössen umzusetzen, ist kein Pappenstiel: Es erfordert viel Engagement, das Zusammentun aller beteiligten Kräfte  – und auch eine gute Portion Mut. Das weiß auch Annemarie Funke, Geschäftsführerin der Lebenshilfe Traunstein: „An ein inklusives Café haben wir bei der Planung des neuen Wohnprojekts zuerst gar nicht gedacht.“

Die Idee kam vom Verein „Wössner Regenbogen“. Funke: „Die haben uns immer wieder gestupft, dass wir da was machen“. Der Wössner Regenbogen e.V. ist mit zahlreichen Projekte wie Familienzentrum, Kinderkrippe, dem Wössner Treff und zwei Jugendtreffs im Ort vertreten,  kümmert sich um Nachbarschaftshilfe und einen Secondhand-Laden. Die rührige Vorsitzenden des Vereins, Adelheid Meirer, dachte vor allem daran, dass Schulen und Kindergärten sowie die Mittagsbetreuung mit Essen aus einem inklusiven Betrieb beliefert werden könnten.

Bis die Lebenshilfe Traunstein den Schritt dann wirklich wagte, gingen etwa eineinhalb Jahre ins Land.  Vertreterinnen beider Vereine reisten herum und schauten sich vergleichbare Einrichtungen an, es wurde geplant und verglichen. „Am Ende haben wir uns dazu hinreißen lassen, den Inklusionsbetrieb zu installieren“, sagt Annemarie Funke und lacht. 

Voraussetzung für einen Inklusionsbetrieb ist, dass ein bestimmter Prozentsatz der Stellen von Menschen mit Beeinträchtigungen besetzt werden. 15 Männer und Frauen arbeiten heute insgesamt im „Bistro am Rathaus“, drei davon haben eine kognitive oder körperliche Beeinträchtigung, „Wir mussten die Stellen gar nicht ausschreiben“, freut sich Annemarie Funke, „die Menschen haben sich bei uns einfach gemeldet.“ 

Wirtschaftlich profitiert der Betrieb momentan noch von Fördergeldern – und das wird auch noch eine Weile so bleiben. Doch, so Funke, „am Ende soll sich der Betrieb selbst tragen.“ Vier Säulen sollen helfen, dass das gelingen kann: Bistrobetrieb, Essenslieferungen an Schulen und Kindergärten, allgemeines Catering und eigene Veranstaltungen. Durch die Einschränkungen der Pandemie konnte bisher nur wenig in Angriff genommen werden,  Annemarie Funke aber ist sicher, dass sich das ändern wird.

Die Nachfrage von Kindergärten, Krippen und Schulen aus der Region ist jedenfalls schon groß:  Täglich verlassen etwa 90 Essen die Inklusionsküche, eine weitere Schule soll nach den Sommerferien hinzu kommen.  Auch das Bistro – und vor allem das Mittagsangebot – locken trotz Pandemie immer mehr Gäste an. Vor allem Bewohner*innen aus dem Projekt der Lebenshilfe nehmen es regelmäßig wahr – und auch die Nachbar*innen aus den 32 Wohnungen der MARO kommen gerne hierher.

Nicht ganz so selbstverständlich ist der Weg hinters Rathaus bisher für die meisten Unterwössener*innen, und Adelheid Meirer weiß, warum das so ist: „Viele wissen noch nicht so recht, ob das ein Bistro für alle ist – oder nur für die Lebenshilfe.“ Es liegt ihr sehr daran, diese Hemmschwelle abzubauen. „Man muss nur einfach immer wieder hingehen und Leute mitnehmen“, sagt sie. „Es fehlt oft nur der erste Schritt“.  Bürgermeister Ludwig Entfellner ist sicher, dass sich das Bistro am Rathaus etablieren wird – auch weil die Gasthöfe in Unterwössen kein Mittagessen anbieten. „Wir haben einen Superkoch und ein Angebot, das uns sehr anspricht.“

Koch und Betriebsleiter ist der 29jährige Manuel Fritzenwallner. Er kommt aus einer Gemeinde in der Nachbarschaft, und er hatte seinen Meisterbrief erst wenige Wochen in der Tasche, als er den Posten antrat. Schon in der Planungsphase hat er mitgeholfen, das Bistro zu dem zu machen, was es jetzt ist. „Ich habe meine Entscheidung, hierher zu kommen, ganz und gar nicht bereut.“

Ohne Engagement geht’s nicht. Das weiß auch Annemarie Funke. Die Geschäftsführerin hat sich auch schon selbst ehrenamtlich ins Bistro gestellt und geholfen, Gäste zu bedienen. Sie ist dankbar, dass alle Beteiligten sich für das inklusive Kochprojekt so ins Zeug legen. „Wir müssen einfach alle eng zusammenarbeiten und zusammenstehen. Es ist unser Baby.“

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