ABC der Demenz-Wohngemeinschaft
L – Leitgedanken
von Vlasta Beck
Mensch mit Demenz
Wenn der Gedanke nicht mehr geleitet wird, das Gedächtnis mit einem spielt, die Worte fehlen, die Welt einem unverständlich und manchmal ganz fremd vorkommt, braucht man den Leitgedanken der Anderen, um sich noch zurechtzufinden. Leiten heißt dann, nicht die Selbständigkeit infrage stellen. Der Leitgedanke ist: du bist in Ordnung, wie du jetzt bist. Für den Menschen mit Demenz bedeutet es jene-/r zu sein, welche-/r er oder sie immer war, als dieser wahrgenommen, respektiert, auf dem Weg begleitet und geleitet zu werden.
Angehörige
Der Leitgedanke der Angehörigen ist meistens: ich bin für die/den Erkrankte/n verantwortlich. Ich muss dem Erkrankten oder der Erkrankten helfen, ich muss für Orientierung sorgen, ich muss die Entscheidungen treffen. Der Leitgedanke könnte aber auch sein: wir sind gemeinsam verantwortlich, helfend, orientiert, wir entscheiden gemeinsam.
Das ist sicher nur bis zu einem bestimmten Grad möglich, ändert aber den Blickwinkel entscheidend. Der Leitgedanke wird zu gemeinsamen Gedanken und damit zum gemeinsamen, selbstbestimmtenWeg.
Wohngemeinschaft
Der Gedanke der in den Wohngemeinschaften leitend ist, heißt Alltag. Der Alltag hat nicht immer einen guten Ruf. Im Leben vor einer demenziellen Erkrankung bedeutet Alltag häufig schlicht wiederholte Handlungen, auch ungeliebte Routinen, Sorgen, Stress, oft zu wenig Zeit – man möchte öfters aus dem Alltag ausbrechen. Für Menschen mit Demenz bedeutet Alltag ein Leben wie vor der Erkrankung. Er gibt Sinn und Sicherheit. Er bedeutet Aufgaben zu haben und damit das Gefühl gebraucht zu werden, etwas zu können, ein Teil vom Ganzen zu sein. Indem dem Alltag, mit all seinen Routinen, in der Wohngemeinschaft ein hoher Stellenwert eingeräumt wird, erhalten die Bewohner die größtmögliche Freiheit zur Selbstbestimmung.
Das ganze ABC
Am Anfang steht die Veränderung, der Gedächtnisschwund, die mangelnde Orientierung, die Angst, die Sorge, aber auch die Idee einer Gemeinde eine Demenz-Wohngemeinschaft zu bauen und der erste Kontakt zu der MARO Genossenschaft. Alle brauchen Begleitung, um bessere Chancen zu bekommen – die einen um die Situation zu meistern, die anderen um die Idee der Wohngemeinschaft zu realisieren. Dazu bedarf es verschiedener Dienste, ob als Privatperson oder Gemeinde. Sie schaffen Entlastung, sie schaffen mehr Freiheit zu handeln, sie schaffen das gute Gefühl Hilfe zu bekommen. Die Umsetzung des Vorhabens führt schließlich zur Integration – des Betroffenen in die Wohngemeinschaft, des Angehörigen ins Gremium, und: die Hilfe wird zugelassen und ins Leben integriert. Beteiligen sich Jung und Alt an dem Projekt so ist das optimal. Es werden Koalitionen gebildet, um den Leitgedanken zu realisieren, in einem Miteinander relative Normalität für Menschen mit Demenz zu schaffen. Es wird fortwährend optimiert, damit das Ganze in der Praxis umsetzbar bleibt. Es wird gebaut, viel gearbeitet, viel überlegt, fast rund um die Uhr damit am Ende die Qualität stimmt und die Rund um die Uhr-Versorgung (ent-)steht. Sie bietet Schutz und Sicherheit in dem: die Tagesgestaltung den Bedürfnissen der demenziell Erkrankten entspricht; sie und Angehörige die nötige Unterstützung bekommen; die Vielfalt im Alltag nicht verloren geht. Das bedeutet unterm Strich: die Werte der MARO Genossenschaft – Grundlage der Projektidee – vor Augen zu haben. Bleibt man der Idee treu, öffnen sich X Möglichkeiten, um ans Ziel zu gelangen.