Reden wir über Geld! – Im Interview: Mutige Vorreiterin in Sachen Genossenschaftsbeteiligung
„Man muss sich immer klar machen, dass es nicht um das Wohl Einzelner sondern um das Gesamte geht“
von Jutta Baltes, 14.09.2023
Aus dem Gemeinschaftsgarten im Mehrgenerationen-Wohnen Peiting
„Schade, dass ich erst im Alter von über 60 das erste Mal von Wohngenossenschaften erfahren habe, ich hätte da gerne noch mehr Energie reingesteckt. Aber eine mutige Anlegerin der ersten Stunde zu sein ist auch nicht schlecht.“
Wie sind Sie auf die MARO Genossenschaft aufmerksam geworden?
„Meine Situation damals war folgendermaßen: Ende 2011 hatte ich mich für eine Wohnung in einer Wohngenossenschaft in München angemeldet. Um die relativ hohe Einlage zahlen zu können, musste ich meine Immobilie verkaufen. Vom Erlös der Immobilie war noch Geld übrig, das ich möglichst sinnvoll anlegen wollte.
Eine Bekannte hat mich auf eine Veranstaltung im Frühjahr 2013 in München hingewiesen, in der es um faire bzw. alternative Geldanlage ging. Da bin ich hingefahren und habe in dem Saal meine Runden gedreht.
Der Stand von MARO mit Martin Okrslar hat mich am meisten beeindruckt. Ich habe meine ersten Anlegeranteile für das erste Projekt der MARO in Weilheim dort direkt am Stand gezeichnet.“
Wo sehen Sie den „Mehrwert“ einer Genossenschaftsbeteiligung genau?
Beeindruckt hat mich das Konzept, außer Wohnungen auch Raum für Demenz-Einrichtungen zu schaffen. Meine Mutter war an Demenz erkrankt und ist im Jahr 2012 verstorben. Sie war zum Schluss in einem Münchner Pflegeheim und dort ganz gut aufgehoben, aber die Idee, die Pflege selbstbestimmter zu gestalten, hat mir gut gefallen.
Die Rendite bei einer Geldanlage ist mir persönlich nicht so wichtig, außer dass ich nicht möchte, dass ich durch die Inflation an Kaufkraft verliere. Das ist natürlich bei einer Genossenschaft ein Risiko, da der Zinssatz begrenzt ist. Bis meine erste Einlage dann Früchte getragen hat durch eine Ausschüttung, hat es auch länger gedauert als ursprünglich geplant. Das hat mich aber überhaupt nicht beunruhigt.
Als die Dividende von anfangs vier Prozent auf drei Prozent fiel, löste das bei mir als Anlegerin keine Begeisterung aus. Aber als Genossenschaftsmitglied finde ich die Entscheidung richtig. Denn es soll zum Wohle aller richtig sein. Man muss sich immer klarmachen, dass es nicht um das Wohl Einzelner sondern um das Gesamte geht.
Inzwischen habe ich in weitere Projekte der MARO investiert. Da gibt es eine große Auswahl inzwischen, und die MARO gibt ja immer wieder neue Anteile heraus.“
Welche Erfahrungen haben Sie als MARO-Mitglied „der ersten Stunde“ gemacht?
Ich bin nicht nur eine Anlegerin sondern beteilige mich auch sonst an vielen Veranstaltungen der MARO. Vor allem die Baustellenbesichtigungen der fast fertigen Projekte mag ich gerne. Ich bin technisch sehr interessiert und ich bin die, welche bei den Führungen die vielen Fragen stellt. Besonders beeindruckt haben mich zum Beispiel die dicken Wärmedämmziegel mit natürlichen Dämmstoffen.
Wichtig ist mir auch, dass die Häuser so ausgestattet werden – etwa mit Photovoltaik-Anlagen auf dem Dach –, dass wenig Energie verbraucht wird. Da sehe ich dann mein Geld gut angelegt. In der eigenen Genossenschaft und auch in anderen Wohngenossenschaften sehe ich, dass das Thema Instandhaltung zur Beibehaltung der Wohnqualität wichtig ist. Insofern ist die Entscheidung, die Miete jährlich um 1,5 Prozent zu erhöhen, vielleicht für manche Bewohner unangenehm, aber doch angemessen, um die Qualität beizubehalten.
Anfang 2014 bin ich in meine Wohngenossenschaft in München eingezogen, in ein gewachsenes Wohnviertel in dem es auch andere Genossenschaften gibt. Ich fühle mich dort am richtigen Platz, habe aber auch die Erfahrung gemacht, dass vielen Bewohnern das genossenschaftliche Leben nicht so wichtig ist.
Die Kriterien, die MARO bei der Vergabe der Wohnungen anlegt, finde ich wichtig. Vor Vertragsabschluss muß sichergestellt sein, dass wirklich ein Interesse an der Genossenschaft und am gemeinsamen Leben in einer Hausgemeinschaft vorhanden ist. Ich freue mich immer, wenn ich mich mit Bewohnerinnen und Bewohnern aus MARO-Häusern austauschen kann.
Da ich sehr gerne in München wohne und dort auch geboren und aufgewachsen bin, werde ich wahrscheinlich nicht mehr in einem MARO-Projekt wohnen. Ich weiß auch nicht, ob ich die Auswahlkriterien erfüllen könnte. Vielleicht gibt es für mich am Lebensende noch die Möglichkeit, in einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft von MARO zu wohnen.
Wenn Sie einem /einer Bekannten eine solche Genossenschaftsbeteiligung empfehlen würden, was würden Sie sagen?
„Das ist die Geldanlage an der ich am meisten Freude habe und die gut zu mir passt. Nebenbei habe ich ganz viel über Wohngenossenschaften gelernt. Ich bin den Gründern sehr dankbar. Es gibt viel zu viele die ständig die (Wohnungs-)Politik kritisieren, dabei kann doch so viel selbst gemacht werden.“
Zur Person:
Die Anlegerin, die sich hier unseren Fragen gestellt hat, möchte namentlich nicht genannt werden. Sie hat die Bezeichnung „Mitglied Nummer 17″ selbst vorgeschlagen.
2019 hat sie schon einmal einen Tag in einer der MARO Demenz-Wohngemeinschaften verbringen dürfen – als Praktikantin im Rahmen ihres Lehrgangs zur „Seniorenbegleitung und Demenzhelferin“. Bis vor Kurzem hat sie auf diesem Gebiet in Teilzeit gearbeitet, und ist noch heute gelegentlich ehrenamtlich in diesem Bereich tätig.
In ihrer Wohn-Genossenschaft engagiert sich die Rentnerin vor allem im Gemeinschaftsgarten mit der Pflege mehrerer Beete, außerdem mag sie Kräuter, die sie im eigenen Garten anpflanzt. Die 72jährige ist die allererste Person, die bei der MARO Geschäftsanteile gezeichnet hat – und damit wirklich eine mutige Frau der ersten Stunde.