Unterhaching

MARO-Autorin live dabei: Probeliegen im Gäste-Appartement

von Jutta Baltes, 02.06.2022

Ein süßes Willkommen am Abend für Gäste wie mich

Schlafsack unterm Arm, eine Klappkiste mit zwei Flaschen Wein und den Utensilien für’s Frühstück vor dem Bauch. So rücke ich an, in Unterhaching, im MARO-Projekt an der Biberger Straße. Und ich kann’s nicht verhindern: Ein paar aufgeregte Schmetterlinge wuseln dann doch in meinem Bauch herum. 

Probeliegen will ich hier. Mal sehen, wie es ist, im Gäste-Appartement einer MARO-Hausgemeinschaft zu übernachten. Und: Leute kennen lernen möchte ich auch.  Endlich sich wahrhaftig gegenüber sitzen und mit denen sprechen, denen ich schon so viele schöne Geschichten verdanke – für diesen Blog und auch für die interne Mitglieder-Information.

Der Empfang ist so herzlich, dass sich alle Schmetterlinge in Lichtgeschwindigkeit aus dem Staub machen. Und plötzlich frage ich mich, was sie überhaupt da zu suchen hatten: Schließlich sind und waren die MAROs aus allen Häusern immer besondere Gesprächspartner. Zugewandt. Hilfsbereit. Einfach großartig freundlich. Als Zeitungs-Journalistin habe ich das durchaus auch schon anders erlebt. 

Bei den „Bibern“, wie sich die Hausgemeinschaft selbst liebevoll nennt, bekomme ich dann die volle Ladung: Gute Gespräche und intensiven Gedankenaustausch, jede Menge Informationen und echt viel Spaß. Ein entspanntes Zusammensein mit Mehrwert eben – und die Hausführung gibt’s obendrauf. Alles live und ganz in echt. 

Am Anfang aber steht, dass ich den Schlüssel zum Appartement überreicht bekomme – und später auch noch eine Geschichte. „Treffen sich zwei Fische. Fragt der eine: Wie ist heute das Wasser? Der andere fragt zurück: Welches Wasser?“ 

Wir sitzen zu acht oder neunt um den Tisch im gemütlichen Gemeinschaftsraum, als einer der Haussprecher sie in die Runde wirft. Alle wissen gleich, was sie bedeuten soll: Klar, dass es Problemchen gibt: Die üblichen Nacharbeiten nach dem Einzug in einen Neubau, Organisatorisches und auch Holperer in der Kommunikation. Aber im Grunde ist alles halb so schlimm. Das gute Leben im Projekt überwiegt, auch wenn man ab und zu mal vergisst, wie angenehm das Wasser sich anfühlt. 

Das Appartement, wegen dem ich ja gekommen bin, ist mit zwei Betten ausgestattet. Beides sind Schlafsofas – sie sind schön und praktisch multifunktional, so dass bis zu vier Personen hier übernachten können. Plus ein Kind, für das das Bettchen dann zusätzlich aufgestellt wird.

Im Raum steht ein kleiner Tisch mit Stühlen, es gibt einen Fernseher, ein Kicker wurde wegen des ausgeklappten Betts zur Seite geschoben und eine Dartscheibe hängt auch an der Wand. So wird gleich klar: Der Raum wird nicht nur von Gästen benutzt, und ich denke, dass auch Bewohner*innen – Kinder wie Erwachsene – sich hier offenbar sehr gerne aufhalten. 

Das Badezimmer mit Dusche ist nebenan – doch auch das wird von all denen benutzt, die sich im benachbarten Gemeinschaftsraum, auf der Terrasse oder auch im Garten mit den Kindern aufhalten. „Wir achten schon darauf, dass die Leute im Appartement ihre Ruhe haben“, sagt die Bewohnerin, die für die Reservierung des Appartements zuständig ist. Ist mal ein Baby dabei, wird sogar besonders viel Rücksicht genommen. 

Im Prinzip jedoch hat die Hausgemeinschaft Vorrang: Ist im Gemeinschaftsraum irgendwas los, gilt für Gäste: Bitte zurückhalten – vor allem, was die Nutzung der Küche angeht. In der Praxis, erzählt man mir, nimmt man es jedoch mit dieser Regel nicht ganz so genau. „Wir wollen aufeinander schauen, und wir finden bisher eigentlich immer eine Lösung.“

Das Appartement in Unterhaching wird wirklich ziemlich rege genutzt. Es ist eine tolle Möglichkeit, erfahre ich, wenn man ein privates Fest feiern und vielleicht gleich mehrere Übernachtungsgäste beherbergen will. Auch wer nur eine kleine Wohnung hat, kann Besuch aus der Ferne bekommen – und zwar ohne extra ein Hotelzimmer buchen zu müssen. Auch Angehörige, die einen Besuch in der Demenz-Wohngemeinschaft machen und von weit her anreisen müssen, nehmen das Angebot gerne und auch regelmäßig an. Manchmal auch gleich mehrere Nächte am Stück. 

Die Nacht kostet 20 Euro, mehr als eine Aufwandsentschädigung ist das nicht. Das Geld wandert sofort in die Hauskasse und kommt so der Hausgemeinschaft zugute. Grundsätzlich ist das Appartement nur für Freunde und Verwandte der Bewohner*innen da. Das regeln die Nutzungsbestimmungen der MARO, aber es ist auch ganz im Sinne der „Biber“. Auch wenn gleich jemand scherzhaft einen Gedanken ins Gespräch wirft: „Wenn wir zur Wies’n-Zeit vermieten würden..“ Ernst gemeint ist das natürlich nicht, und wird von allen sofort mit Gelächter quittiert.

Am nächsten Morgen wache ich nach einer nicht ganz so langen Nacht auch schon wieder früh auf. Bis zum Frühstück, zu dem ich mit einigen Bewohner*innen verabredet bin, ist noch Zeit. Ich nutze sie und mache Fotos. Vom noch stillen Garten und von den vielen liebevollen Kleinigkeiten, mit denen hier alles so schön ausgestattet ist. Und: Ich esse endlich die beiden Mini-Schokoladen-Naps, die jemand gestern als Willkommensgruß auf’s Bett gelegt hat. 

Im Gang stehen zwei Bewohnerinnen vor dem Putzplan und beraten über eine urlaubsbedingte Änderung. Schnell einigt man sich auf einen Tausch. Das geht ganz unbürokratisch und „auf kurzem Weg“ mit ein paar Strichen im Kalender.

Nach dem Frühstück räume ich noch zusammen mit allen auf. Dann ist es so weit: Der Schlafsack wird wieder unter den Arm geklemmt und die Klappkiste vor meinen Bauch. Statt der nervösen Schmetterlinge meldet sich jetzt – ich geb’s zu – das kleine Abschiedsbedauern. Eigentlich schade, dass ich nicht öfter wiederkommen kann!

 

Frühstück!

Hübscher Kleinkram und frische Blumen – wer sich da nicht wohlfühlt, ist eigentlich selbst schuld

 

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