ABC der Demenz-Wohngemeinschaft
N – Normalität
von Vlasta Beck
Mensch mit Demenz
Die bekannte, vertraute Welt geht langsam verloren, neue Welten entstehen, alte Geschichten werden wieder gelebt. Nun werden diese Welten zur Realität. Sie verursachen Irritationen, Unruhe und auch Ängste, wenn sie in Konfrontation in der anderen Realität geraten. Der Mensch mit Demenz braucht die Möglichkeit der zeitweisen Rückkehr zur Normalität des Alltags, das gibt ihm Orientierung und Sicherheit. Der vertraute Tagesablauf, die bekannten Gegenstände, die Umgebung in der man sich auskennt – und wenn nur teilweise, bedeuten die Normalität, die, sorgt man nicht für sie, verloren geht.
Angehörige
Auch die Angehörigen brauchen die Normalität. Wer noch nie einen Menschen mit Demenz begleitetet hat, kann sich kaum vorstellen, welchen Stellenwert die Normalität hat, die uns im „normalen“ Leben gerne mal langweilig vorkommt. Wenn alles aus der Bahn geworfen wurde – die Tagesstruktur, die Abläufe, die Gewohnheiten, die kleine Rituale – wird die Normalität zu einem Sehnsuchtsort. Sobald der Angehörige bereit ist sich auf die neuen Welten des Menschen mit Demenz einlassen, öffnet sich der Weg zu Normalität für beide.
Wohngemeinschaft
Der Umzug in die Wohngemeinschaft bedeutet zuerst den Verlust des Bekannten und damit auch den Verlust der bisherigen Normalität. Der Schwerpunkt der Versorgung in der WG liegt an der Alltagsgestaltung. Das Team ist von Anfang an bemüht, eine möglichst große Normalität herzustellen: Tagesstruktur, Tagesabläufe, kleine gemeinsamen Rituale, das eigene Zimmer mit eigenen Möbeln ausgestattet, kurze Wege, Orientierungshilfen, Einbindung in bekannte Tätigkeiten, aktive Beteiligung der Angehörigen, das alles wird für den Menschen mit Demenz seine neue Normalität bedeuten.
Das ganze ABC
Am Anfang steht die Veränderung, der Gedächtnisschwund, die mangelnde Orientierung, die Angst, die Sorge, aber auch die Idee einer Gemeinde eine Demenz-Wohngemeinschaft zu bauen und der erste Kontakt zu der MARO Genossenschaft. Alle brauchen Begleitung, um bessere Chancen zu bekommen – die einen um die Situation zu meistern, die anderen um die Idee der Wohngemeinschaft zu realisieren. Dazu bedarf es verschiedener Dienste, ob als Privatperson oder Gemeinde. Sie schaffen Entlastung, sie schaffen mehr Freiheit zu handeln, sie schaffen das gute Gefühl Hilfe zu bekommen. Die Umsetzung des Vorhabens führt schließlich zur Integration – des Betroffenen in die Wohngemeinschaft, des Angehörigen ins Gremium, und: die Hilfe wird zugelassen und ins Leben integriert. Beteiligen sich Jung und Alt an dem Projekt so ist das optimal. Es werden Koalitionen gebildet, um den Leitgedanken zu realisieren, in einem Miteinander relative Normalität für Menschen mit Demenz zu schaffen. Es wird fortwährend optimiert, damit das Ganze in der Praxis umsetzbar bleibt. Es wird gebaut, viel gearbeitet, viel überlegt, fast rund um die Uhr damit am Ende die Qualität stimmt und die Rund um die Uhr-Versorgung (ent-)steht. Sie bietet Schutz und Sicherheit in dem: die Tagesgestaltung den Bedürfnissen der demenziell Erkrankten entspricht; sie und Angehörige die nötige Unterstützung bekommen; die Vielfalt im Alltag nicht verloren geht. Das bedeutet unterm Strich: die Werte der MARO Genossenschaft – Grundlage der Projektidee – vor Augen zu haben. Bleibt man der Idee treu, öffnen sich X Möglichkeiten, um ans Ziel zu gelangen.