Unterwössen

MARO und Lebenshilfe ziehen an einem Strang – „Besser geht’s nicht!“

von Jutta Baltes

Man nehme: Ein großes brachliegendes Grundstück mitten im Ort, einen Eigentümer, der sich ein soziales Projekt wünscht, eine aktive Gemeinde, eine soziale Einrichtung und eine besondere Genossenschaft – und würzt das Ganze mit einer großen Prise gemeinschaftlichen Handelns. Heraus kommt ein besonderes Projekt mitten in einer 3.600 Einwohner zählenden Gemeinde in Oberbayern. 

Die Rede ist von Unterwössen, wo MARO Genossenschaft und Lebenshilfe Traunstein in den vergangenen drei Jahren zwei besondere Wohnprojekte plus öffentlichem Café und Arztpraxis errichtet haben. „Es ist genauso geworden, wie wir es uns gewünscht haben“, sagt Bürgermeister Ludwig Entfellner, der das Projekt mit angestoßen hat. Alle Häuser sind mittlerweile bezogen, auch Bistro und Arztpraxis sind geöffnet.  

Angefangen hat es mit dem Wunsch des früheren Grundstücksbesitzers Hans Döllerer, seinen Grund und Boden nur zu verkaufen, wenn eine soziale Nutzung garantiert ist. Ohne ihn und sein außergewöhnliches soziales Engagement wäre das ganze Projekt also gar nicht zustande gekommen. Die Gemeinde Unterwössen trat auf den Plan, es gab verschiedene Bewerber für das brachliegende Gewerbegelände direkt hinter dem Rathaus. Darunter war auch die Lebenshilfe Traunstein gGmbH.

Denn die Organisation betrieb bereits elf soziale Einrichtungen im Landkreis – nur war ein Fleck auf der Landkarte noch schwarz: „Wir wollten ein Wohnprojekt im südlichen Landkreis verwirklichen“, erzählt Annemarie Funke, die seit 2007 Geschäftsführerin der Lebenshilfe Traunstein ist. Bürgermeister Entfellner lernte bei einem  Vortrag von Vorständin Inge Schmidt-Winkler dann die MARO-Genossenschaft kennen – und stellte den Kontakt zwischen beiden Interessenten her.  

„Wir brauchten nur einen Teil des Grundstücks“, erinnert sich Annemarie Funke. Die MARO und ihre besondere Idee des gemeinschaftlichen Wohnens kamen bei ihr gut an: „Das passte gut und so begann es. “ Durch die Vermittlung der Gemeinde bestiegen auch noch die Unterwössenener Ärzte Dr. Schmied und Dr. Schrempff das Boot, die dringend neue Praxisräume suchten – und die Entfellner unbedingt im Ort halten wollte. 

Es folgte ein Workshop, an dem ein Stadt-Planungsbüro, die MARO Genossenschaft, die Lebenshilfe Traunstein und auch die Ärzte teilnahmen. Die Gemeinde Unterwössen übernahm die Moderation  – und so konnten die Grundzüge des gemeinsamen Projekts erarbeitet werden. Mit einem Architektenwettbewerb, den die Regierung von Oberbayern forderte, fand man mit „Püschel Architekten“ den gemeinsamen Planer, und nach der Vertragsunterzeichnung konnte die Bebauung des ganzen Geländes hinter dem Rathaus schließlich starten. 

Im Wohnprojekt der Lebenshilfe leben nun 25 Bewohnerinnen und Bewohner in insgesamt vier Gruppen, wobei eine Gruppe eine so genannte „Wohntrainingsgruppe“ ist,  die auf ein Leben in den eigenen vier Wänden vorbereitet. Die meisten Menschen, die hier leben, arbeiten in Behindertenwerkstätten, einige Renter*innen sind auch unter ihnen. 

Im Wohnprojekt der MARO gibt es 32 Zwei- bis Fünf-Zimmer-Wohnungen, die sowohl frei finanziert als auch EOF-gefördert sind. Das Gewicht liegt wie in allen genossenschaftlich organisierten MARO-Projekten auf dem gemeinschaftlichen Miteinander der Bewohner*innen in einer starken Hausgemeinschaft. In einem Gebäude des Wohnprojekts hat auch die Arztpraxis ihr neue Heimat gefunden. Auch hier sind die meisten Bewohner*innen schon eingezogen, der Bau ist bis auf Kleinigkeiten abgeschlossen. Nur die Anlage der Außenanlage steht noch aus. 

„Wir haben von Anfang an sehr gut mit der MARO zusammengearbeitet“, betont Annemarie Funke. Und das, obwohl die Situation nicht immer einfach gewesen sei. Denn: Der Baubeginn fiel mit dem Beginn der Pandemie zusammen. Doch eines war immer klar:  „Wir haben immer an einem Strang gezogen.“ 

„Besser geht’s nicht!“, findet auch MARO-Projektleiterin Sabine Lenk. „Gemeinsam haben wir mit vielen Beteiligten – wo auch das Architekten-Team, die Planer und die Bauleute nicht vergessen werden dürfen – ein tolles Projekt realisiert, das nun sowohl bei den MARO-Bewohner*innen, der Lebenshilfe, der Praxis und der Gemeinde großen Anklang findet.“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert