Dietramszell


Zwei Pionierinnen erzählen von den ersten Tagen in der MARO-Wohngemeinschaft

von Jutta Baltes

Ein Teil des Gartens in Dietramszell liegt geschützt zwischen den Häusern

In der Couchecke am Fenster sitzen zwei betagte Frauen. Sie sind ins Gespräch vertieft, auf dem Tisch stehen Teetassen und ein Teller voller Kekse. Durch das große Fenster dringt helles Tageslicht – auch wenn es draußen eher trüb und regnerisch ist. 

Die beiden Hauptpersonen in dieser harmonischen Szene sind die ersten Bewohnerinnen der MARO-Wohngemeinschaft „Mosaik“ in Dietramszell. Sie sind vor Kurzem eingezogen, und sie berichten, wie es ihnen geht. Die ältere der beiden ist stolze 97 Jahre alt, sie hat sich einen langen Schal über den hellblauen Pullover gelegt. An diesem Nachmittag lächelt sie viel, und das bringt ihr ganzes Gesicht jedes Mal zum Leuchten.

Auf der anderen Seite des Tisches sitzt ihre 87jährige Mitbewohnerin, die mindestens genauso gerne lächelt. „Wir gehen jeden Tag eine kleine Runde spazieren“, berichtet sie – und lacht. „Dann klopft die eine bei der anderen an die Tür und wir gehen zusammen los“. Man könne sehr schön spazieren gehen, lobt sie, und sicher sei es auch: Eine der Pflegerinnen geht mit und passt auf.

Über Eck sitzt der Sohn der älteren Bewohnerin, früher hat er nur 300 Meter Luftlinie von seiner Mutter entfernt in Wolfratshausen gewohnt. Jetzt kommt er jeden zweiten oder dritten Tag nach Dietramszell zu Besuch. „Wir sehen uns sehr oft“, sagt er.  Auch die zweite im Bunde und ihre Familie hat er schon sehr gut kennen gelernt.

Für seine Mutter, war der Umzug anfangs nicht so leicht. „Es tut mir noch immer weh, dass ich mein Zuhause verlassen musste“, sagt sie. Aber: „Die Familie braucht mehr Zeit für sich. Das habe ich respektiert.“ Außerdem, gibt sie zu, war der Kühlschrank in ihrer Wohnung schon manchmal ziemlich leer, weil vor allem das Einkaufen für sie immer beschwerlicher wurde. 

Als ihr Sohn von den beiden MARO Wohngemeinschaften im benachbarten Dietramszell in der Zeitung las, war ihm sofort klar: „Da fahren wir gleich mal rüber!“

Er und seine Mutter schauten sich die schon bewohnte Demenz-Wohngemeinschaft „Klangstein“ an. Nachdem sie alles gesehen hatten, überlegten sie nicht lang. Der Sohn jedenfalls findet noch immer: „Es ist doch alles ziemlich optimal hier!“

Auch seine Mutter weiß zu schätzen, dass der Pflegedienst nun den Einkauf übernimmt. Kleine persönliche Einkaufswünsche werden erfüllt – und das gefällt beiden Frauen ausnehmend gut. Gekocht wird in der Wohngemeinschaft, und es schmeckt. „Ich kenne mich da aus“, sagt die Jüngere, „Ich habe über 20 Jahre im Schiffer-Kinderheim in der Küche gearbeitet“. Ihre neue Nachbarin pflichtet ihr sofort bei und fährt sich über den Bauch. „Ich esse immer alles auf“, sagt sie, „und manchmal habe ich dann direkt ein bisschen Bauchweh.“ Schon wieder lacht sie, und schiebt hinterher: „Ich bleibe jetzt hier – Aus und Amen!“

Geholfen hat, dass sie und ihre neue Nachbarin sich von Anfang an so gut verstanden haben. „Wir leben hier ja wie eine Familie!“, sagt die jüngere von beiden. Ihr bisheriges Zuhause war knapp 700 Kilometer von Dietramszell entfernt, in Duisburg. Dort gab es einen großen Freundeskreis und Verwandte auch. Aber: „Ich konnte nicht mehr alleine in der Wohnung bleiben. Mein Sehvermögen beträgt nur noch weniger als fünf Prozent.“

Also besprach sie sich mit ihrer Familie. Ihr Sohn hörte sich um – und fand gleich nebenan die Wohngemeinschaft der MARO. Die 87jährige bereut den Schritt auf keinen Fall:  Schließlich sehe sie ihren Sohn und seine Familie jetzt mehrmals pro Woche, auch am Leben ihres Enkels nehme sie viel mehr teil als früher: „Das ist wirklich sehr schön!“

Die Bewohner*innen beider Wohngemeinschaften treffen sich gerne im Garten

 

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