Pflege-Wohngemeinschaft
Wir präsentieren stolz: Die erste Pflege-Wohngemeinschaft der MARO Genossenschaft
von Magdalena Matejkova
Wir von der MARO Genossenschaft, gehen voraussichtlich am 01.04.2021 mit unserer ersten Pflege-Wohngemeinschaft an den Start. Ein guter Grund, mal genauer hinzusehen und darzulegen, worum es eigentlich geht.
Die Situation zuhause …
Stellen Sie sich folgende Situation vor:
Eine ältere Dame, wir nennen sie Frau Kramer, lebt in ihrem kleinen Häuschen auf dem Land. Ihr Mann ist verstorben und so ist sie für die Organisation ihrer Belange allein verantwortlich. Über die letzten Jahre haben sich unterschiedliche Gebrechen angehäuft, die das Leben ohne Hilfe inzwischen unmöglich machen. Frau Kramer ist geistig fit, allerdings regelmäßig von den Anforderungen einer immer digitaleren Welt überfordert. Sie kommuniziert durchaus per E-Mail oder SMS, wenn aber mal etwas nicht klappt – das WLAN fällt aus, Update-Fragen tauchen auf und derlei – kommt sie ohne Hilfe nicht weiter. Hinzu kommt der Arbeitsaufwand, den ein Haus mit Garten und die Versorgung der eigenen Person erfordert. Das ist für Frau Kramer ebenfalls zunehmend zu einem Kraftakt geworden.
Ihr Sohn, nennen wir ihn Hans, unterstützt sie wo er kann, im Haushalt, im Garten, mit Fahrten zum Einkauf, zum Arzt. Auch ein ambulanter Pflegedienst ist beauftragt. Er unterstützt Frau Kramer bei der Körperpflege. Zur Zeit kommt er täglich, um regelmäßig eine Wunde zu versorgen die sich Frau Kramer zugezogen hat, als sie neulich ausgerutscht ist und sich das Knie verletzt hat. Wegen ihrer Durchblutungsstörung will die Wunde auch nicht so recht heilen, der tägliche Versorgungsbedarf wird also noch eine Weile bestehen bleiben.
Und so stemmen Frau Kramer, Hans und der Pflegedienst, so gut sie können, den Alltag.
Frau Kramer merkt seit geraumer Zeit, dass ihr das immer öfter zu viel wird. Manchmal ist es ihr unangenehm, ihren Sohn so oft zu beanspruchen; manchmal ärgert sie sich aber auch, dass sie ihn machen lassen muss wie er meint – schließlich ist sie auf seine Hilfe angewiesen. Der Pflegedienst macht wirklich gute Arbeit, dennoch muss sich Frau Kramer deren Takt anschließen und ist nicht mehr Herr (oder Frau) ihrer Zeit. Geduscht wird, wenn der Pflegedienst kommt, nicht nach dem eigenen Bedürfnis.
Hans macht das alles gern, er liebt seine Mutter, dennoch kommt auch er immer wieder an seine Grenzen. Allein die Fahrt zur Mutter sind 20 Kilometer einfach und da ist noch nichts erledigt. Regelmäßig hat er das Gefühl, seine Mutter ihrem Schicksal zu überlassen. Und da geht es nicht nur darum, dass er etwa im Haushalt nur das Offensichtliche schafft – das Geschirr, die Wäsche – und dass Fensterputzen und Entfernen der Spinnweben wieder und wieder verschoben werden. Da geht es auch darum, dass er sich entscheiden muss, ob er nun was am Haus macht oder sich seiner Mutter zuwendet. Und auch wenn er sich tendenziell eher für seine Mutter entscheidet, so ist es immer noch viel zu wenig – so fühlt er es – immer noch sitzt die Mutter zu oft, zu lang, allein.
… und die Antwort der MARO darauf
So, oder so ähnlich, stellt sich die Situation in vielen Haushalten im Laufe des Lebens ein.
Die MARO Pflege-Wohngemeinschaft kann darauf die optimale Antwort sein.
Denn der Grundgedanke ist: Synergien schaffen, Synergien nutzen.
Unsere Wohngemeinschaften basieren darauf, die Kräfte zu bündeln und damit den Einzelnen zu entlasten.
Drei Parteien spielen dabei die entscheidenden Rollen: Die Bewohner, das sind Personen mit Pflegebedarf und ohne demenzielle Erkrankung, das „Gremium der Selbstbestimmung“ und die MARO Genossenschaft.
MARO liefert Raum und Konzept
Letzteres ist schnell beschrieben: Wir, die MARO Genossenschaft, bauen die Räumlichkeiten für die Wohngemeinschaften, und vermieten diese an die Bewohner. In einer Wohngemeinschaft finden sich maximal 10 Plätze, also 10 WG-Zimmer. Jedes dieser Zimmer ist ein abschließbarer Privatraum mit einem eigenen Badezimmer. Das Zentrum bildet der Gemeinschaftsraum mit Wohnküche, in dem sich sehr viel des Lebens abspielt und in dem auch der Pflegedienst seinen Aufgaben nachgeht. Weiter gibt es einen Waschraum und einen Lagerraum. Durch unser Expertenwissen sind all diese Räumlichkeiten an den Dispositionen der Bewohner ausgerichtet, das erleichtert den Alltag.
Die zweite Zutat, die die MARO beisteuert, ist das Konzept, wie sich die Gemeinschaft, mündend im Gremium der Selbstbestimmung, organisiert.
Die Bewohner und das Gremium, das A und O der Gemeinschaft
Wesentlich für das Gelingen sind die Bewohner der Wohngemeinschaft selbst, die, im Gegensatz zu den MARO Demenz-Wohngemeinschaften, eine Doppelrolle einnehmen (können). Denn sie sind Bewohner und zugleich Mitglieder des Gremiums der Selbstbestimmung.
Voraussetzung für ein Leben in der Wohngemeinschaft ist die Bereitschaft eine Gemeinschaft einzugehen und die Fähigkeit zur aktiven Mitgestaltung des Alltags. In einer MARO Gemeinschaft zu leben, bedeutet dabei nicht die Aufgabe der eigenen Individualität. Raum für Rückzug, den der eine mehr, die andere weniger benötigt, bieten die privaten Zimmer. Auch die aktive Mitgestaltung ist individuell auszudeuten, und wird dort, wo die Kraft des Bewohners an seine Grenzen stösst, von dessen Angehörigen ergänzt. Denn: zu gestalten ist hier das ganze Leben – vom Pflegedienst bis zum Lieblingsjoghurt.
Um auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen und um Regeln für das gemeinsame Leben festzulegen, wird ein Gremium gebildet. Jeder Bewohner hat dabei eine Stimme und kann sich für seine Belange einsetzen beziehungsweise sich in seinem Sinne von Angehörigen vertreten lassen. Das Gremium wird etwa zwei Jahre durch eine externe, neutrale Moderation begleitet, die weiß, worauf es ankommt und wo die Fallen lauern. Das Gremium muss sich eine Rechtsform geben; in der Regel kommen dafür die GbR oder die Vereinsform in Frage. Gemeinsam wird eine Satzung erarbeitet, die verbindlich ist und das Gremium zum Arbeiten befähigt.
Zu den ersten Aufgaben gehört ganz zentral die Auswahl des Pflegedienstes, denn in den Wohngemeinschaften gibt es keinen Träger mit Pflegepersonal der den Tagesablauf regelt. Das Gremium muss selbst einen Pflegedienst wählen und mit diesem das Aufgabenspektrum aushandeln – das Gremium tritt dabei als Vertragspartner des Dienstes auf und kann somit über die Leistung bestimmen. Der Personalschlüssel ist dabei besonders gut: drei Personen am Vormittag, zwei am Nachmittag und eine Person nachts. Dieser Schlüssel ist auch eines der Pfunde, bedenkt man, dass die Kosten dem Aufenthalt in einem Pflegeheim etwa gleichkommen, dort allerdings der Schlüssel, und damit die individuelle Zuwendung, deutlich knapper ausfallen. In den Wohngemeinschaften wird vom Pflegepersonal nicht „nur“ das Notwendige erledigt, es geht vielmehr darum, dem Tag des Bewohners einen gehaltvollen und erfüllenden Inhalt zu geben.
Im Gremium werden auch alle alltäglichen Belange ausgehandelt. Schon zum Einzug etwa muss man sich auf die Einrichtung der gemeinschaftlich genutzten Räume einigen. Das Mobiliar kommt dabei aus den privaten Haushalten, das schafft viel mehr Vertrautheit als anonyme Einrichtung „von der Stange“. Eine Sonderstellung nehmen Spül- und Waschmaschine sowie Trockner ein. Hier sorgen wir, die MARO, für Industriegeräte – diese sind schneller und auf sehr häufiges Nutzen ausgelegt. Auch eine Küchenzeile und eine Kochinsel werden bereits vor Einzug installiert. Jeder Wohngemeinschaft wird zudem ein großer, sehr schwerer Esstisch mit integrierten Griffen an welchen man sich hochziehen kann, zur Verfügung gestellt. Die Zimmer hingegen werden vollständig von den Bewohnern und nach eigenen Vorstellungen eingerichtet. Zur Wohngemeinschaft gehört auch ein eigener Garten mit Pergola, der von den Bewohnern und deren Angehörigen genutzt und bewirtschaftet wird. Auch hier ist wieder das Gremium gefragt, man muss sich einigen, wie der Garten aussehen soll.
Und das heißt für Frau Kramer und Hans?
Wie also kann sich das Leben von Frau Kramer und ihrem Sohn Hans durch einem Platz in der Pflege-Wohngemeinschaft verbessern?
Durch den Personalschlüssel ist Frau Kramer optimal versorgt und kann weitestgehend wieder über ihre Zeit walten. Viele Aufgaben des Alltags werden gebündelt – das Kochen, das Waschen – und fallen als Belastung weg, ja, sie können gar wieder ein schöner Teil des Alltags werden. Auch die viele Arbeit im eigenen Haus muss nicht mehr verrichtet werden. Frau Kramer ist nun nicht mehr stundenlang allein und wenn Hans sie besuchen kommt, kann er sich voll und ganz auf sie einlassen, statt Termine und Aufgaben abzuarbeiten. Hans ist aber nicht einfach nur Gast, sondern in das Leben der Gemeinschaft involviert. Er hilft tatkräftig dort mit, wo Frau Kramer unterstützt werde möchte oder muss: Bei der Gartenarbeit, beim Reinigen des eigenen Zimmers, bei der Organisation von Ausflügen, bei der Buchhaltung der Wohngemeinschaft. Hans nimmt weiterhin verschiedene Aufgaben wahr, aber sie sind weniger geworden und sie verteilen sich auf viele Schultern so dass er auch mal wieder guten Gewissens in Urlaub fahren kann – und schlussendlich will Hans ja nach wie vor am Leben seiner Mutter teilhaben, so wie sie ihn ja um sich haben möchte, es braucht nur einen Rahmen, bei dem keiner auf der Stecke bleibt.