Erfahrungen aus erster Hand:
Wer Anonymität sucht, ist bei MARO falsch
von Jutta Baltes, 23.11.2023
MARO-Projekt in Karlsfeld: „Ich wusste schon vorher, dass ich mich zuhause fühlen kann“.
Die ersten Wochen des Zusammenlebens im nachbarschaftlichen Wohnen seien, erzählt die Mutter, die mit ihren zwei Kindern im Sommer ins Karlsfelder MARO-Projekt eingzogen ist, „schon anstrengend“ gewesen. Schließlich gab es auch privat – wie bei jedem Umzug – eine Menge zu regeln. Und dann kam die gemeinschaftliche Arbeit dazu: Vom Putzplan bis zur Gründung einer AG Kinder, über die Frage, wer sich um die Belegung des Gäste-Appartements kümmert bis zu der, wer Lieferungen von Möbeln für den Gemeinschaftsraum annehmen kann. Viele Aufgaben also, die es gemeinsam zu organisieren galt. „Aber“, betont die Bewohnerin, „das hat sich nach ein paar Wochen auch wieder beruhigt“.
Eine ihrer neuen Nachbarinnen findet, dass alle Karlsfelder auch gut auf ihr Zusammenleben hingearbeitet haben. Denn der MARO Bewohnerprozess, der die Bewohner*innen eineinhalb Jahre lang in vielen Workshops schon vor dem Einzug begleitet hat, habe ihr viel geholfen. „Es war einmalig, dass ich mich ein Jahr lang vorbereiten konnte, und ich wusste schon bevor ich eingezogen bin, dass ich mich zuhause fühlen kann“.
Die Entscheidung, aus ihrer Wohnung mitten in München auszuziehen, sei lange gereift. Vor etwa vier Jahren hat sie sich entschlossen, Mitglied bei der MARO zu werden, und: „Meine Tochter hat mir auch zugeredet, dass ich mich auf die Wohnung in Karlsfeld bewerben soll“. Weil sie in München wohnte, klappte es wegen der Vergaberegeln der MARO erstmal nicht. Als aber ein anderer Interessent zurücktrat und sie sich im zweiten Anlauf um eine Wohnung bewarb, hatte sie dann endlich Glück.
Gab es bei der Übergabe der Wohnung bauliche Mängel? „Die habe ich gar nicht gesehen. Ich bin hier einfach zufrieden und merke, dass ich zur Ruhe kommen kann“, sagt die Neu-Karlsfelderin. Sie glaubt, dass die Anonymität, die sie in München erlebt hat, hier gar nicht erst entstehen kann. „Es ist so viel Kontakt da“, freut sie sich. Aber, und auch wichtig für sie: „Es ist ein Kontakt, ohne aufdringlich zu sein.“ Das Gemeinschaftsleben, glaubt sie, sei eben einfach allen Bewohner*innen wichtig, Regeln, die die Hausgemeinschaft beschlossen habe, würden auch von allen eingehalten. „Das ist auch eine Frage des Respekts“.
Leben in einer kleinen Zwei-Zimmer-Wohnung mit zwei Kindern – das ist die Wohnsituation, die die Mutter jahrelang zu bewältigen hatte, bevor sie in Karlsfeld einzog. „Ich habe schon so lange gesucht und bin dann ganz zufällig auf die MARO gestoßen“, berichtet sie. Sie besuchte die Projektvorstellung und: „Ich fand das Konzept gut. Mir hat von Anfang an gefallen, dass wir so viel Wert auf unser Zusammenleben legen sollten.“ Natürlich ist sie nun auch glücklich über das Mehr an Platz und Lebensqualität. Doch auch ihr ging es wie ihrer alleinstehenden Nachbarin, auch: Sie wollte weg von der Anonymität eines normalen Wohnhauses. „Ich wollte, dass das anders wird, auch für meine Kinder.“
Jetzt engagiert sie sich für die Hausgemeinschaft, unter anderem in der AG Gemeinschaftsleben, und für sie ist klar: „Man muss sich bewusst sein, dass man viel Kontakt mit Menschen hat, wenn man bei der MARO einziehen will.“ Wer das nicht wolle, sei bei der MARO auf jeden Fall falsch. „Es ist ja schon ingesamt ein bisschen wie in einer Großfamilie.“
Ganz ähnlich sieht das ein Paar, das ebenfalls seit Juli im Haus in Karlsfeld wohnt. Die Eheleute kamen erst im November zur Gemeinschaft hinzu, bekamen also den Bewohnerprozess nur zum Teil mit. Das heißt bei MARO auch, dass man sich um die Inhalte kümmern muss, die man deshalb verpasst hat.
Doch: „Ich hätte mich nicht beworben, wenn ich mir nicht vorgestellt hätte, dass es hier mehr um Gemeinschaft geht als in normalen Mehrfamilienhäusern“, sagt die Ehefrau. Auch sie engagiert sich im Haus und in der AG, und sie findet, dass die Gemeinschaft auf einem guten Weg ist. „Mit denen, die mit uns eingezogen sind, ist der Kontakt relativ schnell zustande gekommen.“ Um weiter zu wachsen, brauche man nun vor allem auch Zeit. Denn: „Es kann noch mehr entstehen, wenn alle erstmal richtig angekommen sind.“
Herzstück der Hausgemeinschaft: Der Gemeinschaftsraum ist so gut wie fertig eingerichtet