ABC der Demenz-Wohngemeinschaft

P – Praxis

von Vlasta Beck

Mensch mit Demenz

Die Praxis zeigt dem Menschen mit Demenz oft, wo seine Grenzen sind. Das irritiert, schmerzt, führt zu Ärger, Wut und Traurigkeit. Die Praxis ist die gnadenlose Begleiterin, die alles Bemühen in die Schranken weisst. Das löchrige Gedächtnis, die nachlassende Feinmotorik, die seit Jahrzehnten praktizierte Handlungen, die durcheinander geraten – das alles bildet immer den Rahmen, die Schranken, in welchen man sich bewegt. Ohne praktische Hilfe und Unterstützung wird der Rahmen immer kleiner und irgendwann zu Gefängnis.

Angehörige

Alles was gedacht und geplant wurde, soll in die Praxis umgesetzt werden. Es ist wichtig und zuletzt auch hilfreich, die praktische Umsetzung nicht allzu hoch aufzuhängen. Soll die Praxis dem Menschen mit Demenz helfen, müssen wir als Angehörige erstmal lernen, unseren Anspruch an die Umsetzung – also an den Erkrankten und uns selbst – zu reduzieren. Nicht das tägliche Duschen, immer saubere Bluse, das Vollkornbrot und Salat, mindestens 1 Liter Flüssigkeit sind praktische Hilfen. Zu verstehen, warum tägliches Duschen nicht mehr wichtig ist, die saubere Bluse keine Rolle spielt und das Vergnügen am Vollkornbrot sich in Grenzen hält, ist die sinnvolle, die helfende Praxis.

Wohngemeinschaft

In den Wohngemeinschaften wird das in die Praxis umgesetzt, was den Erkrankten helfen kann, so weit wie möglich selbstbestimmt zu leben. In der Praxis zeigen sich auch die Grenzen des Umsetzbaren. Diese werden vom Fortschritt der Krankheit gerichtet – was gestern noch möglich war, geht heute nicht mehr. Man muss sich neue praktische Umsetzung überlegen. Und auch die aktuelle pflegerische Situation setzt Grenzen, die sich auf die Praxis der ganzen Wohngemeinschaft auswirken.

Das ganze ABC

Am Anfang steht die Veränderung, der Gedächtnisschwund, die mangelnde Orientierung, die Angst, die Sorge, aber auch die Idee einer Gemeinde eine Demenz-Wohngemeinschaft zu bauen und der erste Kontakt zu der MARO Genossenschaft. Alle brauchen Begleitung, um bessere Chancen zu bekommen – die einen um die Situation zu meistern, die anderen um die Idee der Wohngemeinschaft zu realisieren. Dazu bedarf es verschiedener Dienste, ob als Privatperson oder Gemeinde. Sie schaffen Entlastung, sie schaffen mehr Freiheit zu handeln, sie schaffen das gute Gefühl Hilfe zu bekommen. Die Umsetzung des Vorhabens führt schließlich zur Integration – des Betroffenen in die Wohngemeinschaft, des Angehörigen ins Gremium, und: die Hilfe wird zugelassen und ins Leben integriert. Beteiligen sich Jung und Alt an dem Projekt so ist das optimal. Es werden Koalitionen gebildet, um den Leitgedanken zu realisieren, in einem Miteinander relative Normalität für Menschen mit Demenz zu schaffen. Es wird fortwährend optimiert, damit das Ganze in der Praxis umsetzbar bleibt. Es wird gebaut, viel gearbeitet, viel überlegt, fast rund um die Uhr damit am Ende die Qualität stimmt und die Rund um die Uhr-Versorgung (ent-)steht. Sie bietet Schutz und Sicherheit in dem: die Tagesgestaltung den Bedürfnissen der demenziell Erkrankten entspricht; sie und Angehörige die nötige Unterstützung bekommen; die Vielfalt im Alltag nicht verloren geht. Das bedeutet unterm Strich: die Werte der MARO Genossenschaft – Grundlage der Projektidee – vor Augen zu haben. Bleibt man der Idee treu, öffnen sich X Möglichkeiten, um ans Ziel zu gelangen.

 

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